Günther gehörte seit 2011 zum Verein und bereicherte in seiner freundlichen Art unsere monatlichen Astro-Treffen durch sein großes Wissen seine langjährige Erfahrung. Seit seinem unglücklichen Sturz bei einer AME kam er nie mehr richtig "auf die Beine". Wir haben von da an durch Besuche und Telefonate Kontakt zu ihm gehalten. Sein Bewegungsraum war auch durch gesundheitliche Probleme in den letzten Jahren recht begrenzt.
Günthers astronomisches Steckenpferd war seit vielen Jahren die Spektroskopie aus seiner halbautomatisierten Sternwartenkuppel, die er am oberen Balkon seines (und des Bruders) Hauses aufgebaut hatte. In früheren Jahren hatte er sich lange beruflich in Bonn mit der Erforschung/Beobachtung der Sonne beschäftigt (Helios-Sonde). Hier in Oberschwaben hatte er vor vielen Jahren das RATT mitbegründet. Er besaß vor seiner Zeit in Bonn eine kleine Beobachtungsstation in einer großen Waldlichtung in der Nähe des Ravensburger Wildgeheges. Lutz kennt ihn schon von astronomischen Veranstaltungen im Mohren in Ravensburg in den 70er Jahren, die er zusammen mit Franz Weiger und Peter Wüst besucht hatte.
Aus dem Leben von Günther:
Seit 1963 beschäftige sich Günther Müller mit der Sternenkunde. Der damalige "Fernsehastronom" Dr. Rudolf Kühn (+1963) hat im Fernsehen so begeistert über die Himmelskörper erzählt, daß er sich sein Buch "Die Himmel erzählen" gekauft hatte. Von diesem Zeitpunkt an war die Astronomie sein Hobby. Dieses faszinierende Hobby betrieb er nun seit dieser Zeit mehr oder weniger intensiv. Der praktischen Himmelsbeobachtung gilt seinem Hauptinteresse. Das erste Instrument zum Beobachten war ein kleiner 6-cm-Refraktor. In all den Jahren haben sich die Instrumente vergrößert, die Aufstellungsplätze haben sich geändert, vom Garagendach über die Balkonsternwarte und Schiebedachhütte (bis 1970 in Ravensburg, danach in Bonn) bis zur Sternwarte mit Kuppel. Als es dann die Computer zu erschwinglichen Preisen gab, ging es los mit der 6502 CPU (AIM 65) bis heute zum 3.2 GHz PC.
Seinen Ruhestand verbrachte er in Ravensburg.
Oberschwäbische Sternfreunde von 1966 bis 1977
Schulsternwarte Ravensburg
Wann und wo fing es denn mit der Liebhaber-Astronomie in Ravensburg an? Anno 1914 wurde auf Vorschlag des Theologen und Mathematikers Dr. Max Caspar, der im Rohbau bereits vollendete Spohnschule, noch eine Sternwarte aufgesetzt. Man erzählt darüber folgende Anekdote: Als Oberstudiendirektor Dr. Schermann Caspers Idee dem damaligen Oberbürgermeister Reichle vortrug, habe dieser gesagt: "Lassen Sie das nur mich machen." Dem hochherzigen Stifter der Schule (Geh. Kommerzienrat Julius Spohn) gegenüber erwähnte er nur beiläufig, dass da so ein halbverrückter Lehrer vom Gymnasium auch noch eine Sternwarte für nötig halte, was aber doch wohl übertrieben sei. So habe er den Stifter allmählich immer mehr für die Sache interessiert, bis dieser schließlich sagte: "Schicken Sie den Mann zu mir; meine Schule soll eine Sternwarte bekommen!" Dieses Wort habe ihn, so erzählte Spohn bei einem Rutenfest Ende der 50er Jahre im Bärengarten, 30 000 Goldmark gekostet.
Die Kuppel hat einen Durchmesser von 3 Metern. Das erste Instrument war ein Refraktor mit 110mm Linsendurchmesser und 1650mm Brennweite. Er wurde erst 2004 von einem Spiegelteleskop mit 250 mm Durchmesser und goto Steuerung abgelöst.
Max Caspar wurde 1916 nach Rottweil Versetzt. Ende der 20er Jahre nach Stuttgart. 1932 verließ er den Schuldienst und widmete sich in München ganz seiner Kepler-Forschung. Er schrieb die bei weitem beste Keplerbiographie und hat Keplers Werke neu übersetzt herausgegeben. Bei der Übersetzung hat auch Oberstudienrat Dr. Otto Gaupp vom Spohngymnasium mitgewirkt.
Durch die Versetzung von Max Caspar wurde die Sternwarte nur sporadisch benutzt, da sich kein Lehrer bereiterklärt hat Arbeitsgemeinschaften anzubieten. Im Krieg musste sie ganz geschlossen werden und wurde zu einem Lagerplatz degradiert. Seit 1956 werden an der Schulsternwarte wieder astronomische Arbeitsgemeinschaften abgehalten. Bis 1983 hat Herr Weiger die Schulsternwarte geleitet dem ich alle obigen Angaben verdanke. Es wurde mit dem Refraktor hauptsächlich die Sonne beobachtet.
Oberschwäbische Sternfreunde
In meiner Gymnasiumszeit habe ich die Sternwarte etliche Male besucht. So war ich von der Astronomie angehaucht. Ich wurde Mitglied in der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) und in der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft (SAG). Auf der Generalversammlung der SAG am 1.5.1966 in St. Gallen stand ein Herr bei einer Diskussion auf und sagte: Er sei ein deutsches Mitglied der SAG...... Es stellte sich heraus, dass der Herr aus Friedrichshafen ist. Von Herr Wiedmann, so hieß der Herr, bekam ich eine Einladung zu einem Vortrag von Herrn Rohr, Generalsekretär der SAG, nach Friedrichshafen. Nach dem sehr guten Lichtbildervortrag sagte Herr Wiedmann: Wer großes Interesse an der Astronomie habe, der soll am Mittwoch nächster Woche (Mai 1967) in das Hotel Krone nach Friedrichshafen kommen. Ab da waren die Oberschwäbischen Sternfreunde geboren. Wir trafen uns dann regelmäßig einmal pro Monat. Bei den Treffen waren immer 10 bis 15 Sternfreunde anwesend. Da Teilnehmer aus ganz Oberschwaben dabei waren, wurden die Zusammenkünfte mal in Ravensburg, Friedrichshafen, Altshausen, Überlingen, Biberach und Waldsee gemacht. Die Organisation übernahm ich. Nach meinem Umzug 1970 nach Bonn übernahm die Organisation der monatlichen Treffen Herr Wiedmann aus Friedrichshafen. Ab Mitte 1971 übernahm Herr Andreas Ackermann aus Altshausen. Von 1970 bis 1977 machte Frau Lydia Heim aus Genhofen/Lindenberg den ganzen Schriftverkehr. Durch den Tod von Herrn Ackermann am 24.07.1977 war das auch das Ende der Oberschwäbischen Sternfreunde. Wir waren nie ein eingetragener Verein und trotzdem lief alles gut.
Der harte Kern der Oberschwäbischen Sternfreunde (um 1966) Bild R. Müller
von Links: A. Ackermann, ?, Wiedmann, L. Läpple, G. Müller, F. Weiger, O. Reisch
Oberschwäbische Sternfreunde Tagungen
Bei solch einem Treffen, es war im November 1967 im Deutschen Kaiser in Ravensburg, machte ich den Vorschlag, wir könnten doch auch einmal eine große Amateurtagung in Ravensburg abhalten. Diese Anregung wurde sofort begeistert aufgenommen.
Die 1. Oberschwäbische Sternfreundetagung war dann am 21. und 22. Mai 1968 am Samstag im Gasthaus "Kuppelnau" und am Sonntag ein Besuch im Radio-Astronomischen Institut der Uni. Tübingen Außenstelle Weissenau. Die Außenstelle existiert heute nicht mehr. Die 2. Tagung war auch wieder Samstag und Sonntag am 3. und 4. Mai 1969 im Gasthof "Bärengarten" in Ravensburg. Zu dieser Veranstaltung hatten wir am Freitag um 20 Uhr einen öffentlichen Vortrag vorangestellt, der sehr gut besucht war. Zur Tagung hatten wir 43 Besucher. Am Sonntag war ein Vortrag aus heutiger Sicht sehr bemerkenswert, von Herrn Georgi von der Ingenieurschule Ravensburg "Elektronenrechner und Amateur". Am 24. Mai 1970 war die 3. Tagung im Gasthaus "Mohren" in Ravensburg. Wir machten sie nur einen Tag. Trotzdem waren 55 Teilnehmer anwesend.
Alle weiteren Tagungen fanden im Gasthaus "Mohren" in Ravensburg statt. Die 4. Tagung am Sonntag 25. April 1971 mit 45 Teilnehmer. Zwischendurch gab es noch am Samstag 12. März 1972 ein Sternfreunde-Meeting in Altshausen bei Ackermanns mit etwa 20 Teilnehmer. Die 5. Tagung war am 23. April 1972 mit 70 Sternfreunden. Die 6. Zusammenkunft am 25.11.1973 war überschattet durch den autofreien Sonntag (Ölkriese). Trotzdem hatten wir noch 35 Besucher. 1974 war keine Tagung. Die 7. Tagung war am 22. Juni 1975. Hier wurde am Samstag den 21. wieder ein Besuch der Radio-Astronomischen Station in Weissenau möglich.
Bei allen Tagungen konnten wir auch Sternfreunde aus Österreich und der Schweiz begrüßen. Somit waren wir eigentlich International. Prof. Walter von der Uni. Tübingen hat uns mit seinen Vorträgen sehr unterstützt. Die Herren Fritz Flaig, Konstanz; Anton Kutter, Biberach; Klaus Meisenheimer, Altshausen; Prof. Richard Mühleisen, Weissenau; Bruno Müller, Überlingen; Günther Müller, Ravensburg ab 1970 Bonn; Dr. h. c. Hans Rohr, Schaffhausen; Dr. Hans Urbarz, Weissenau; Prof. Max Waldmeier, Zürich und Peter Wüst, Überlingen haben bei den Tagungen mehrmals vorgetragen. Was mir persönlich sehr wichtig war, dass genügend Zeit zur Diskussion nach den Vorträgen vorhanden war und Abends das gemütliche Beisammensein. Es entstanden Freundschaften die noch bis heute halten.